Tag 21: Villahormes – San Esteban de Leces

Ich hab geträumt ich geh zur Wahl. Aber ich hab doch schon gebriefwahlt. Warum bin ich wieder zu Haus? Unter meinem Arm klemmt ein riesiger Pappumschlag. Jetzt bin ich also doch da, ich zerreisse das große Paket, sonst beschmuhe ich ja.

Ansonsten wird ausgeschlafen, nochmal bei den Kanadiern verabschiedet, obwohl wir uns sicher bald wieder sehen. Stattdessen lauf ich später mit Sören los, einem ruhigen, sehr angenehmen Menschen. Aber ich wollt doch alleine laufen. Ich denk diese Fragen gehen vielen hier durch den Kopf, andererseits, manchen ist klar sie wollen zumindest tagsüber allein sein, andere gehen und bleiben in Gruppen. Für mich ist es überraschend eher unklar, mal so mal so, aber ich nähere mich. Ab Ribesdella, der Zielstadt zur Mittagsstunde, will ich allein gehen. Hab mir angewöhnt den Leuten, mit denen ich mehr Zeit verbringe oder sonstwie eine Verbindung spüre, zum Abschied die Hand zu geben. Man weiß nie ob man sich von nun an täglich oder nie wieder sieht, und so ist es angenehm.

Knapp vier Stunden sind wir bis dahin ganz gemütlich und ausgeglichen unterwegs. In der Stadt heißt es wieder auffüllen: Wasser, Magen, Geld, Vorräte. Wir treffen die Gang und schon ist wieder alles unklar. Die nächste Herberge ist zu früh, danach zu klein, danach zu weit. Ich überleg in der gemütlichen Stadt zu bleiben, aber widerstehe sowohl der Versuchung eines komfortablen, einsamen und mit vermeintlichem Pilgerpreis teuren Hotels als auch dem Menu del dia als auch dem Weitergehen in der Gruppe. Ich will lieber aus dem Rucksack leben, vielleicht abends kochen, gucken was passiert. Ich treff Gillian nochmal kurz, sie hat Seife gekauft, wie gut! Wir teilen also die Seife, die Tauben und Möwen um uns herum müssen nun aufpassen mit den Krümeln. Ich hab dunkles Brot gefunden, mit Walnüssen und Rosinen, sehr wertvoll.

Ich besorg mir Tape, mein Fuß klappert und schmerzt, das Band hält die Geschichte spürbar zusammen, auch nehm ich mal die Schuhe, Stabilität vor Blasenangst. Und ich geh schwimmen, morgen gibt es Regen, danach geht’s landeinwärts in die Berge, das vielleicht letzte Mal im Wasser, hier und wohl für dieses Jahr. Ich stell meine Sachen hoch auf den Weg, mit mir aus dem Wasser kommt die Flut und ich fühl mich schlau. Wer schlau und vernünftig ist meidet die Sonne, ich nehm die Kopfschmerzen.

Mein Spanisch ist schlecht und ich fürchte es wird diesmal so bleiben. Plöt. Aber ich komm kaum rein, vor allem Zeitformen, alles verschollen. Ansonsten ist es bald vier und ich beschließe den Tag kurz zu halten, noch fünf Kilometer und ich bin in einer extrem toll gelegenen Herberge, schlicht, sechs Euro, ich kenne wenige, eigenlich genau wie gewünscht. Ruhe, Sonne, großer Hunger, ich hab vergessen mich auf die für mich auf diesem Camino erste Küche vorzubereiten. Man kann was aus dem Ort bestellen, aber: halb neun. Oh je.

Eine ältere Polin spricht gar keine Fremdsprachen, schon bemerkenswert. Zwei Österreicher haben sich gefunden und freuen sich sichtlich ihre interessante Sprache zu sprechen. Ich: „Ich hab noch zweieinhalb Wochen.“ – „Geht sich das aus?“, ich glaub nicht aber ich mag die Formulierung.

Man erschrickt immer mal wenn man was nicht gleich findet. Aber dieses Mal hab ich tatsächlich mein Halstuch liegenlassen. Das ist ein echtes Problem, ich brauch immediately Ersatz.

22 km

Ein Gedanke zu „Tag 21: Villahormes – San Esteban de Leces“

  1. haste mal Damenstrümpfe probiert? sollen gegen Blasen helfen, weil der Schuh und die Wandersocken dann nicht so direkt auf der Haut reiben. In Norwegen hat es ganz gut funktioniert.

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