Tag 20: Pendueles – Villahormes

Ich find es wirklich recht schön noch rumzuliegen während alle packen, und der Letzte zu sein der die Herberge verlässt, und dann trotzdem noch einen Kaffee in der ersten Bar nach hundert Metern zu trinken, also mach ich es so, ganz anders als die letzten Tage zu viert.

Überhaupt, der Weg ist viel leerer, wo sind die Pilger? Herrlich. Drei Stunden durch die Natur, endlich mal keinen Asphalt unter den Füßen. Aber kalt sind sie, der Hals kratzt und am rechten Knöchel juckt es, ich trau mich weiterhin nicht in die teuren Wanderschuhe.

Die nächste Stadt, Llanes, nähert sich, aber der Weg schlingt sich ewig um die Berge. Dafür: herrliche Aussichten auf den Ozean. Man weiß immer schon dass man sich einem Ort nähert, denn die Spanier sind Spaziergänger, Läufer, Radfahrer, und begegnen einem dann. Und in Städten sind auch plötzlich wieder überall diese Rucksäcke zu sehen.

Die Stadt ist wieder laut und voll, wie um das verdeutlichen tutet auch noch eine Touristenlok in mein Ohr, und ich brauch neue Kopfhörer, leider hab ich meine verloren, und die davor sind kaputt gegangen, und gerade auf langen Asphaltstrassen ist Musik nett. Ich treff noch einige Mitstreiter aus England und Deutschland, die ich zuletzt vor zehn Tagen gesehen habe, eine kurze aber herzliche Begegnung, schön.

Dann folgt Strand auf Strand, Schwimmen gehen, Wellen brechen, Campingplätze, viele Herbergen, mir begegnet den Nachmittag fast niemand, mir scheint die Pilgerautobahn ist überstanden, oder wir widerlaufen den Etappen einschlägiger Reiseführer.

Einige wenige machen von dieser Gegend aus einen etwa viertägigen Abstecher nach Santa Toribo in die Berge, neben Santiago, Rom und Jerusalem dem vierten wichtigen Pilgerort, wo ein Stück des Heiligen Kreuzes verehrt wird.

Klar geht es in den Gesprächen oft um das Warum, religiös, touristisch, spirituell, sportlich. Für die Kanadier ist die historische Komponente enorm bedeutend. Sie lassen sich schon von schlichten alten Mauern begeistern, weil sie so was einfach nicht haben.

Zwei kleine Sprachfreuden: sagt einer im Englischen was und jemand stimmt zu („Me, too.“) dann darf der Dritte „Me, three.“ sagen, klein aber fein. Und eine Erweiterung des wiederholten Begrüßens im Französischen, wenn Rebonjour schon durch ist-zustand lautet schlicht „Re“, es klingt fast wie ein Tierlaut.

Anyway, ich werde mich von meiner kanadischen Wanderfamilie trennen. Das ist zwar traurig aber fühlt sich richtig an. Ich will weiter laufen als sie, weniger planen, mehr auf mich gestellt sein, mal schauen. Gerade der Primitivo klingt nach einer ganz anderen Erfahrung. Hätt ich die drei nicht in Gernika wiedergesehen, kann sein ich wär nach Haus geflogen. Aber jetzt ist Aufbruchstimmung, raus aus der Komfortzone. Und ich merk bei der Ankunft dass ich noch fünf, zehn Kilometer mehr gehen könnte.

À propos Ankunft, ich sehe Gillian in einer Bar und bin mir aber irgendwie sicher dass es nicht unsere Herberge ist. Ich frag sie ob die Herberge wirklich so schlecht und die Leute so unfreundlich sind wie in meinem Führer beschrieben. Nur, ich steh mitten drin und der Hospitalero spricht sehr gut Englisch. Plöt, aber kriegen wir gelöst, er hat den Laden kürzlich übernommen und kennt die Geschichte. Ich werd bei den Autoren meines Guides Bescheid sagen, das wird dann schnell korrigiert, kenn ich vom letzten Mal. Die Herberge ist extrem toll, Ankunft in der Abendsonne, viel Platz, Coca Cola.

30 km

Ein Gedanke zu „Tag 20: Pendueles – Villahormes“

  1. LOL, nice little fat bowl.
    Ich wünsch dir, dass deine Freude anhält. Also mitgeht. Also weißt wie.
    Morgen bin ich aufgeregt. Und in Leipzig. Tabea hat mir ein Gedicht beigebracht, dass ich der Gastgeber-WG mitteilen muss:
    „In Connewitz, da hat’s geblitzt,
    da sind se alle rausgeflitzt
    da ham se sich en Haus gebaut
    aus Leberwurst und Sauerkraut,
    da is es wieder eingekracht,
    da ham se sich halb tot gelacht.“

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